Das Tor ward aufgetan, und wie das Mädchen gerade darunter stand, fiel ein gewaltiger Goldregen, und alles Gold blieb an ihm hängen, so dass es über und über davon bedeckt war. »Das sollst du haben, weil du so fleißig gewesen bist, « sprach die Frau Holle und gab ihm auch die Spule wieder, die ihm in den Brunnen gefallen war. Darauf ward das Tor verschlossen, und das Mädchen befand sich oben auf der Welt, nicht weit von seiner Mutter Haus: und als es in den Hof kam, saß der Hahn auf dem Brunnen und rief:
»kikeriki,
unsere goldene Jungfrau ist wieder hie. «
Da ging es hinein zu seiner Mutter, und weil es so mit Gold bedeckt ankam, ward es von ihr und der Schwester gut aufgenommen. Das Mädchen erzählte alles, was ihm begegnet war, und als die Mutter hörte, wie es zu dem großen Reichtum gekommen war, wollte sie der andern häßlichen und faulen Tochter gerne dasselbe Glück verschaffen. Sie mußte sich an den Brunnen setzen und spinnen; und damit ihre Spule blutig ward, stach sie sich in die Finger und stieß sich die Hand in die Dornhecke.
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« Weil die Alte ihm so gut zusprach, so faßte sich das Mädchen ein Herz, willigte ein und begab sich in ihren Dienst. Es besorgte auch alles nach ihrer Zufriedenheit, und schüttelte ihr das Bett immer gewaltig auf, dass die Federn wie Schneeflocken umherflogen; dafür hatte es auch ein gut Leben bei ihr, kein böses Wort, und alle Tage Gesottenes und Gebratenes. Nun war es eine Zeitlang bei der Frau Holle, da ward es traurig und wußte anfangs selbst nicht, was ihm fehlte, endlich merkte es, dass es Heimweh war; ob es ihm hier gleich viel tausendmal besser ging als zu Hause, so hatte es doch ein Verlangen dahin. Endlich sagte es zu ihr »ich habe den Jammer nach Haus kriegt, und wenn es mir auch noch so gut hier unten geht, so kann ich doch nicht länger bleiben, ich muß wieder hinauf zu den Meinigen. « Die Frau Holle sagte »es gefällt mir, dass du wieder nach Hause verlangst, und weil du mir so treu gedient hast, so will ich dich selbst wieder hinaufbringen. « Sie nahm es darauf bei der Hand und führte es vor ein großes Tor.
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Der blaue Vogel). Die Gestalt der Frau Holle (etwa »die Huldvolle«, auch Hulda, Frau Perchta) ist wohl von einer archaischen weiblichen Erdgottheit abgeleitet (möglicherweise von der germanischen Göttin Frigg). Sie lebt in einer »Anderswelt«, in die die Mädchen durch einen Brunnen gelangen, und verschenkt ihre Gaben (Fruchtbarkeit) großzügig nach bestandenen Prüfungen. Eine ähnliche Rolle spielt die Regentrude in Theodor Storms gleichnamigem Kunstmärchen, zu der ein beherztes junges Mädchen hinabsteigen muss (dort durch einen hohlen Baum), bevor ihr Segen über die Menschen kommt.
Frau Holle Märchen Text English
FRAU HOLLE
Eine Witwe hatte zwei Töchter, davon war die eine schön und
fleissig, und die andere hässlich und faul. Sie hatte aber die hässliche
und faule, weil sie ihre rechte Tochter war, viel lieber, und die andere
musste alle Arbeit tun und der Aschenputtel im Hause sein. Das arme Mädchen
musste sich täglich auf die grosse Strasse bei einem Brunnen setzen,
und musste so viel spinnen, dass ihm das Blut aus den Fingern sprang. Nun trug es sich zu, dass die Spule einmal ganz blutig war, da bückte
es sich damit in den Brunnen und wollte sie abwaschen; sie sprang ihm
aber aus der Hand und fiel hinab. Es weinte, lief zur Stiefmutter und
erzählte ihr das Unglück. Sie schalt es aber so heftig und war
so unbarmherzig, dass sie sprach "hast du die Spule hinunterfallen
lassen, so hol sie auch wieder herauf. " Da ging das Mädchen zu dem Brunnen zurück und wusste nicht,
was es anfangen sollte: und in seiner Herzensangst sprang es in den Brunnen
hinein, um die Spule zu holen. Es verlor die Besinnung, und als es erwachte
und wieder zu sich selber kam, war es auf einer schönen Wiese, wo
die Sonne schien und viel tausend Blumen standen.
Frau Holle Märchen Text In English
Es besorgte
auch alles nach ihrer Zufriedenheit und schttelte ihr das Bett immer
gewaltig auf, dafr hatte es auch ein gut Leben bei ihr, kein bses
Wort und alle Tage Gesottenes und Gebratenes. Nun war es eine Zeitlang
bei der Frau Holle, da ward es traurig in seinem Herzen, und ob es
hier gleich viel tausendmal besser war, als zu Haus, so hatte es doch
ein Verlangen dahin; endlich sagte es zu ihr: Ich habe den Jammer
nach Haus kriegt und wenn es mir auch noch so gut hier geht, so kann
ich doch nicht lnger bleiben. " Die Frau Holle sagte: Du hast Recht
und weil du mir so treu gedient hast, so will ich dich selbst wieder
hinaufbringen. " Sie nahm es darauf bei der
Hand und fhrte es vor ein groes Tor. Das ward aufgetan und wie das
Mdchen darunter stand, fiel ein gewaltiger Goldregen und alles Gold
blieb an ihm hngen, so dass es ber und ber davon bedeckt war. Das
sollst du haben, weil du so fleiig gewesen bist", sprach die Frau
Holle und gab ihm auch noch die Spule wieder, die ihm in den Brunnen
gefallen war.
Eine Witwe hatte zwei Töchter, davon war die eine schön und fleißig, die andere häßlich und faul. Sie hatte aber die häßliche und faule, weil sie ihre rechte Tochter war, viel lieber, und die andere mußte alle Arbeit tun und der Aschenputtel im Hause sein. Das arme Mädchen mußte sich täglich auf die große Straße bei einem Brunnen setzen, und mußte so viel spinnen, dass ihm das Blut aus den Fingern sprang. Nun trug es sich zu, dass die Spule einmal ganz blutig war, da bückte es sich damit in den Brunnen und wollte sie abwaschen: sie sprang ihm aber aus der Hand und fiel hinab. Es weinte, lief zur Stiefmutter und erzählte ihr das Unglück. Sie schalt es aber so heftig und war so unbarmherzig, dass sie sprach »hast du die Spule hinunterfallen lassen, so hol sie auch wieder herauf. « Da ging das Mädchen zu dem Brunnen zurück und wußte nicht, was es anfangen sollte: und in seiner Herzensangst sprang es in den Brunnen hinein, um die Spule zu holen. Es verlor die Besinnung, und als es erwachte und wieder zu sich selber kam, war es auf einer schönen Wiese, wo die Sonne schien und viel tausend Blumen standen.