Interessant ist die Bedeutung, die der Schlange hier zukommt. Sie bewirkt Weisheit und die Fähigkeit, andere Wesen zu durchschauen ( Ferenand getrü und Ferenand ungetrü). Vielleicht hat der König ja geahnt, dass der Diener etwas Verbotenes getan hat, vielleicht ist er aber auch besonders misstrauisch. In vielen anderen Märchen sind Schlangen oder Menschen, die mit ihnen verglichen werden, besonders hinterlistig ( Der König vom goldenen Berg). Typisch ist zudem auch, dass der Mensch sich die erleuchtende Gabe verbotenerweise aneignet, wie die Frucht vom Baum der Erkenntnis ( Genesis). Ein ähnliches Motiv wie im Märchen findet man im Übrigen aber auch in einer Flensburger Sage, wo das Fangen der blauen Schlangen sogar zur Unsterblichkeit oder zu Reichtum führt. Der Anthroposoph Rudolf Meyer vergleicht die Schlange mit der autochthonen Rückenmuskulatur des Menschen und sieht eine Verbindung zu intuitiven, animalischen Fähigkeiten. Die weiße Schlange | Märchentext. Sie stehen nur wenigen zur Verfügung (Haube über dem Teller) und stellen besondere Anforderungen an das Mitgefühl mit leidenden Wesen, die der Diener in dem Märchen beweist (deshalb eine weiße Schlange).
Die Weiße Schlange | Märchentext
[5] In anderen östlichen Fassungen wird die Schlange nicht getötet, sondern gewährt dem Helden das Wissen um die Sprache der Tiere aus Dankbarkeit für ihre Errettung oder Verschonung (so z. B. aserbaidschanisch [6]). Dies entspricht auch der bereits antiken Melampus sage (Apollodor, 1. 9). [7] In der Erzählung von Bhima und Vasuki bietet das indische Mahabharata eine Fassung, die einen Kampf mit Schlangen und deren freiwillige Hilfe (nicht aufgrund von Dankbarkeit, sondern aufgrund von Verwandtschaft) nebeneinander präsentiert, die übernatürliche Gabe an den Helden ist dabei aber nicht Wissen, sondern Kraft. [8]
Eine frühe literarische Fassung aus Europa bietet die isländische Völsungensaga (spätes 13. Jh. ), nach der Sigurd den Drachen (Wurm) Fafnir erschlägt, von seinem Herz kostet und so die Sprache der Vögel erlernt. [9] Ähnlich beschreibt Saxo Grammaticus ( Gesta Danorum, V. 2. 6-V. 8, 12. ) wie Ericus "der Beredte" seine Weisheit dadurch erlangte, dass er den Brei aß, den seine Stiefmutter Kraka für seinen Halbbruder Rollerus bereitet und mit dem Speichel einer schwarzen Schlange angereichert hatte.
Die schöne, aber hochmütige Stiefmutter der jungen und schönen Schneewittchen kann es nicht länger ertragen, dass sie laut ihrem sprechenden Zauberspiegel nur die zweitschönste Frau des Landes ist. Da der Spiegel immer wieder Schneewittchen als schönste Frau auserkoren hat, beschließt sie in ihrer ganzen Bosheit Schneewittchen ermorden zu lassen. Der von ihr beauftragte Jäger bringt es aber nicht über sein Herz, das schöne Schneewittchen zu töten. Auf ihrer Flucht vor der bösen Stiefmutter trifft Schneewittchen auf die sieben Zwerge hinter den sieben Bergen. Als sie den Zwergen ihre Notlage schildert, darf sie dort verweilen solange sie deren Hausarbeiten verrichtet. Als der Zauberspiegel der Stiefmutter den Aufenthaltsort vom noch immer lebenden Schneewittchen verrät, beschließt diese das Problem Schneewittchen auf eigene Faust zu beseitigen. Nach drei weiteren Versuchen Schneewittchen zu töten, hat die Stiefmutter scheinbar Erfolg. Die trauernden Zwerge legen die Scheintote in einen gläsernen Sag.