DAS FACHMAGAZIN FÜR DIE WELT DES TEMPORÄREN WOHNENS
Henrik von Bothmer © Union Investment Real Estate/Simone Scardovelli
Die Asset-Klasse Senior Living rückt zunehmend in den Fokus von Immobilien-Investoren. Der Grund dafür ist der demografische Wandel. Die zunehmende Alterung der Bevölkerung geht auch an den Immobilienmärkten nicht spurlos vorbei. Die Fakten: In Deutschland leben, laut Statistischem Bundesamt, aktuell rund 18, 3 Millionen Menschen, die 65 Jahre oder älter sind. Die sogenannten Senioren kommen damit auf einen prozentualen Anteil von rund 22 Prozent an der deutschen Gesamtbevölkerung – Tendenz steigend. Laut Prognose liegt ihr Anteil im Jahr 2030 bereits bei 29 Prozent, im Jahr 2060 bei 34 Prozent. Zusätzliche Dynamik in den demografischen Wandel bringt die steigende Lebenserwartung: Allein bis 2030 wird sie sich um zehn Jahre erhöhen. Auch die Zahl der Haushalte mit Mobilitätseinschränkungen steigt entsprechend deutlich: laut Institut Wohnen und Umwelt (IWU) bis zum Jahr 2035 um 25 Prozent auf 3, 7 Millionen Menschen.
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Der Trend zum Micro-Living – er wird sich auch nach der Corona-Pandemie fortsetzen. Davon sind Felix Embacher, Partner von Bulwiengesa und Henrik von Bothmer, Senior Investment Manager bei Union Investment, überzeugt. In einem Webinar von Heuer Dialog erklärten die beiden, warum sie sich so sicher sind. Nicht immer einer Meinung, aber oft. Grundlage der Ergebnisse war die Präsentation des Marktreports der Initiative Micro-Living – ein Zusammenschluss von elf Gründungsunternehmen, die Apartmenthäuser mit 20. 000 Mini-Wohnungen als Eigentümer oder Verwalter betreiben. Unter ihnen GBI, ilive, Vegis Immobilien, berlinovo oder Union Investment. Es war nur eine kleine Umfrage unter den Teilnehmern, aber ein sehr eindeutiges Ergebnis: 84 Prozent von ihnen sind überzeugt, dass sich der Micro-Living-Boom fortsetzen wird. Vor allem aus A- und B-Städten sind die viel gefragten Kleinen nicht mehr wegzudenken. Hier beträgt die Auslastung 94 bzw. 95 Prozent, bisher sorgte die Corona-Krise nur für geringgradige Einbußen bei Mieten und Auslastung, allerdings stammen die neuesten Zahlen von April.
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Henrik von Bothmer, Senior Investment Manager bei Union Investment, und Felix Embacher MRICS, Bereichsleiter Research & Data Science bei Bulwiengesa. (Bilder: Union Investment/Bulwiengesa)
Die IML-Studie wird die weitere Entwicklung des Assets begleiten. Einen Überblick geben Henrik von Bothmer, Union Investment, und Felix Embacher MRICS, Bulwiengesa, im Gespräch mit Irmelin Ehrig. Wie sehen Sie das Asset Micro-Living und welche Veränderungen zeichnen sich ab? Embacher: Das Micro-Living-Segment hat sich zeitgleich mit dem Beginn des allgemeinen Immobilienbooms 2009/2010 herausgebildet und war seither sehr erfolgreich. Es entstand durch einen Mangel an bezahlbarem studentischem Wohnraum bei gleichzeitig ansteigenden Studierendenzahlen. Mittlerweile sind die wegweisenden Projekte eher im Businessbereich oder in neuen Nischen zu finden. Und es werden immer mehr Projekte auch abseits der klassischen Immobilienhochburgen errichtet, was zeigt, dass die Nachfrage nach derartigen Wohnformen räumlich breit gestreut ist.
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Die Zahl der Pendler könnte künftig zudem sogar noch steigen, weil Homeoffice im Zuge der Corona-Pandemie zur Normalität wird und viele sich den Wunsch erfüllen, auf Land zu ziehen. Für einen neuen Job muss man künftig gegebenenfalls weitere Wege in Kauf nehmen, wenn die Wirtschaft bzw. der Arbeitsmarkt nicht mehr so stark sind, wie vor der Pandemie und wird dadurch zum Pendler. Mittelfristig dürfte auch die Reisetätigkeit bei Geschäftsreisenden wieder anziehen. Das legen auch die Erfahrungen aus der Zeit nach der ersten Welle im vergangenen Sommer nahe. Serviced Apartments für Geschäftsreisende werden dann ebenfalls wieder gefragt sein.
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Der Studienstandort Deutschland dürfte zudem vom Ausstieg Großbritanniens aus dem Erasmusprogramm profitieren und deutlich mehr ausländische Studenten anziehen. Hinzu kommt, dass die Studentenzahlen in wirtschaftlichen Schwächephasen grundsätzlich steigen, weil der Jobeinstieg durch einen Masterstudiengang verschoben wird oder weil wegen der Konkurrenz am Arbeitsmarkt generell mehr in die eigene Ausbildung investiert wird. Wie wird sich die durch Corona erheblich verstärkte Flexibilisierung von Arbeitsort und -zeit auswirken? Von Bothmer: Davon werden Apartmentangebote profitieren, die generell eher temporären Wohnraum zur Verfügung stellen. Und solange der Arbeitsmarkt unter einer nachlassenden Wirtschaftskraft leidet, werden möglicherweise auch Zugeständnisse von Arbeitnehmerseite, etwa bzgl. der Entfernungen zum Arbeitsort, notwendig sein. Auch hier bietet Micro-Living gute Lösungen für Pendler. Irmelin Ehrig (Bild: Ehrig & Partner).
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Standortqualitäten und nachhaltig kalkulierte Mietansätze dürften künftig auf jeden Fall einen höheren Stellwert bekommen. Konzepte müssen überdacht und gegebenenfalls angepasst werden. Der Konkurrenzdruck aufgrund der zunehmenden Anzahl fertig gestellter Apartmentangebote steigt. Und die Grundstücksknappheit führt zu immer mehr Kompromissen bei der Standortwahl. Diese schwächeren Lagen werden sich bei steigendem Konkurrenzangeboten aber nur schwer behaupten können. Zudem beobachten wir eine zunehmende Preissensibilität, die sicherlich auch als wirtschaftliche Nachwirkung von Covid-19 anhalten wird. Das erkennt man unter anderem daran, dass bei der Erstvermietung von fertiggestellten Projekten sehr deutlich zuerst alle günstigen Apartments vermietet werden. Mieter scheuen auch keinen Umzug, wenn ein anderes Apartmentangebot günstigere Konditionen bietet. Hochpreisige Konzepte werden es darum zukünftig ebenfalls schwer haben, eine gute Auslastung zu erzielen bei steigendem Konkurrenzangebot.