So ist sexuelle Passion und »konvulsivische« Durchdringung unverkennbar das Grundthema von »Figuren am Strand«, wobei er hier wie in anderen der hier gezeigten Gemälde gleichzeitig seiner Vision von monumentalen Freiplastiken Ausdruck verleiht. Auch in den Bildern von badenden oder ballspielenden Frauen sowie den dramatischen Rettungsszenen, deren Protagonistinnen meist die an ihrem geradlinigen Profil erkennbare Marie-Thérèse sind, finden die erotischen Turbulenzen dieser Jahre und die Spannungen mit der Ehefrau Olga ihren Niederschlag. Offenkundig verband Picasso zeichenhaft die vorzügliche Schwimmerin Marie-Thérèse mit dem Element Wasser, denn: »Ich bemühe mich immer um Ähnlichkeit... Natur ist nur mit Hilfe von Zeichen in Malerei übersetzbar. Picasso badende mit ball 2. « (Picasso). In den während der Krisenjahre 1936 und 1937 entstandenen Arbeiten ist zu verfolgen, wie die hybriden surrealistischen Formsynthesen zu inhaltsreichen Metaphern werden, die u. die Bedrohung der spanischen Küste im Bürgerkrieg symbolisieren können.
Picasso Badende Mit Ball Pool
Die Stuttgarter Gruppe der "Badenden" erhält übrigens eine zusätzliche Tragweite im Oeuvre durch die Vorstufen und die Varianten, die danach auf der Leinwand folgten: Es taucht ein Sprungbrett als wesentliches Element auf, das bei den Holzfiguren fehlt – diese wirken wie eine Gruppe zufällig zusammenstehender "Poseurs", während das Sprungbrett Assoziationen ans Balancehalten oder die Sorge ums Springen weckt. Hier sind Gedanken eines Mannes von 75 Jahren, der sich die sprühende Phantasie eines Kindes bewahrt, nein: erobert hat. Reproduktionsgemälde von Picasso Bather With Beach Ball. Ein weiterer Höhepunkt ist das berühmte Gemälde "Pansflöte" von 1923, das das Musée Picasso erstmals nach Deutschland entliehen hat (den Beziehungen der Kuratorin sei Dank! ). Und noch ein spannender Seitenpfad tut sich beim Betrachten der Bilder auf – den der Autobiografie: Natürlich lässt gerade der Badespaß, die Begegnung freizügiger Körper vor der Badekabine erotische Freiräume, die Picasso suchte und auslebte. Offensichtlich hatte die Stuttgarter Picasso-Schau Anlaufschwierigkeiten – die Besucherzahlen lagen im Sommer unterhalb der Erwartungen, dass man schon fragen muss, ob es zu viel Picasso im internationalen Ausstellungskarussell gibt.
Zugegeben: Die surrealistischen Bilder des Meisters in Basel sind spektakulär, in den Startlöchern stehen die Ausstellungsmacher in Baden-Baden mit ihrer Präsentation von Picassos Spätwerk, das schon wegen der erotischen Bezüge sein Publikum finden wird und in der Neuen Nationalgalerie in Berlin, die mit der Ausstellung "Pablo" den privaten Picasso thematisieren wird. Doch ist die Frage gar nicht so dringlich. So wie niemand Anstoß daran nimmt, dass es alljährlich zig Bücher über Thomas Mann (um nur ein Beispiel zu geben) gibt, Schiller- und Mozartjahre die Kulturheroen allgegenwärtig machen, ist es nur zu verständlich, dass einer der bedeutendsten Künstler des 20. Picasso badende mit ball pool. Jahrhundert vielfach gebrochen im öffentlichen Bewusstsein bleibt; und darüber hinaus hat der vielerorts zu beobachtende Museumstourismus auch seine Grenzen, sprich: nicht jeder wird nach Basel, Baden-Baden und nach Stuttgart fahren können. Das Faszinierende dieser Badenden in Stuttgart liegt darin, dass weniger eine Stilphase als eine Lebenshaltung vorgestellt wird.